Seltsame Federbelastung; kann jemand helfen?

Erste Frage Aufrufe: 368     Aktiv: 12.12.2023 um 08:02

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Eine senkrechte Zugfeder wird mit eine Kraft Fsp vorgespannt. Dazu werden die Anschlagpunkte auseinander bewegt (1). Das ist der Ausgangszustand, der nicht mehr verändert wird. An der Feder wird weit unten (1/4 von der Gesamtlänge L) eine Masse angehängt (2), deren Gewichtskraft kleiner als die Vorspannkraft ist. Die Masse sackt um den Weg s1 ab. Jetzt wird die Masse höher gehängt (3/8 der Gesamtlänge) (3). Die Masse sackt jetzt um den Weg s2 ab. S2 ist größer als s1. Beim Umhängen auf 1/2 der Gesamtlänge (4) sackt die Masse um s3 ab. s3 ist größer als s2.

Wie groß ist s1, s2 und s3 als f(L, c, Fsp)?

Das Modell ist idealisiert. Die Masse ist senkrecht linear geführt. Es handelt sich um ein reales Problem. Es gibt verschiedene Ansätze, die aber alle ziemlich weit daneben liegen.


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interessante Aufgabe, in diesem Forum werden keine fertigen Lösungen präsentiert und Ansätze gibt es ja auch schon. Könntest du diese Ansätze zeigen?   ─   pstan 06.10.2023 um 16:40

Ja, interessante Aufgabe finde ich auch. Und nicht ganz easy. Ich bin sehr gespannt, wie du es angehst.   ─   stefriegel 06.10.2023 um 17:55

Der Plan war, nicht zu viel vom Bisherigen zu zeigen, um die Community nicht auf falsche Wege zu leiten. Zu den Ansätzen, die ziemlich daneben liegen:

Voraussetzung ist, dass man erkennt, dass es sich bei dieser Art der Belastung um eine Parallelschaltung von zwei Federn handelt. Das ist schon Mal ungewöhnlich. Die eine Feder befindet sich oberhalb der Krafteinleitung, die andere unterhalb. Durch Umhängen der der Masse ändern sich die einzelnen Federraten, und somit auch die Gesamtfederrate der Parallelschaltung. Die Einzelfederraten sind umgekehrt proportional zu der jeweiligen Länge. Es ergibt sich die Gesamtfederrate cges=(co*cu)/(co+cu), wobei co und cu die jeweiligen Federraten der oberen bzw. der unteren Feder sind. Bei diesem Ansatz ergeben sich deutlich zu kleine Wege.
Ignoriert man die untere Feder, bekommt man eine reine Zugfeder. Dieser Ansatz liefert deutlich zu große Wege.
Generell ist der Einfluss der Vorspannung ungewiss, da Federn dieser Bauart eine lineare Kennlinie besitzen, und somit sich mit Vorspannung genauso verhalten wie ohne Vorspannung.
  ─   userf9eb98 09.10.2023 um 08:01

Ich sehe es auch so, dass man den Aufbau in je zwei Federn (parallel) zerlegt. Die Federkonstante D jeder Feder ist umgekehrt proportional zu ihrer Länge, denn bei gleicher Kraft kann sie sich nur um einen kürzeren Weg ausdehnen. Man stellt für jede Feder eine Gleichung mit den Hooke'schen Gesetz auf:
\(F_1 = D_1 \Delta s\)
\(F_2 = D_2 \Delta s\)
Nun weiß man, dass die beiden Längenänderungen gleich sein müssen, die Federkonstanten umgekehrt proportional zum Teilungsverhältnis sind, und die beiden Kräfte zusammen die Gewichtskraft ergeben. Damit lässt sich das Gleichungssystem lösen. Die Vorspannung kürzt sich heraus.
  ─   stefriegel 09.10.2023 um 09:45

so, ich hätte da eine Lösung, bin aber etwas unsicher.
x sei das Verhältnis zwischen der Gesamtlänge l und der unteren Strecke bis zum Aufhängungspunkt der Masse,
für s1 ist x=4, für s2 ist x=8/3 und für s3 ist x=2.
\(s=\frac{m \cdot g}{c}\cdot (\frac{1}{x}-\frac{1}{x^2})\)
damit bin ich sehr in Vorlage getreten, jetzt hätte ich gerne die Ansätze des Fragenden gesehen.
Auffällig ist die fehlende Abängigkeit von der Gesamtlänge und der Vorspannung, ich lass mich aber gerne belehren.


  ─   pstan 09.10.2023 um 17:36

Vielen Dank pstan für Deinen Aufwand. Ich schau mit Deine Lösung gut an.

Zuerst gilt es, die einzelnen Federraten auszudrücken. C ist die bekannte Federrate der Gesamtfeder. Co...Federrate oben, Cu...Federrate unten, lu...Aufhängepunkt von unten, L=Gesamtlänge
Die Einzelfederraten sind dann: Cu(lu)=C*L/lu und Co(lu)=C*L/(L-lu)
Es ergibt sich Cges(lu)=Cu(lu)+Co(lu)=C*L²/(L*lu-lu²)
Mit s(lu)=m*g/Cges(lu) ergibt sich s(lu)= m*g*(L*lu-lu²)/C*L²)

Mit dieser Lösung könnte man leben, wenn nicht die Realität was ganz anderes sagen würde. Wie bereits erwähnt, ergeben bei der Messung deutlich größere Werte (ca. um Faktor 5). Außerdem bekomme ich den Einfluss der Vorspannung nicht erfasst. Die Vorspannung reduziert in der Praxis jedoch deutlich das "Absacken".

juot
  ─   userf9eb98 10.10.2023 um 08:29

Hallo pstan,
ich habe mir Deinen Ansatz angeschaut.

Es ist letztendlich der Gleiche wie meiner. Ich habe heute Morgen jedoch eine Klammer nicht geschlossen. Unten steht die Formel nochmals mit geschlossener Klammer.

s(lu)= m*g*(L*lu-lu²)/(C*L²)

juot
  ─   userf9eb98 10.10.2023 um 09:41

Hallo, die verschiedenen Ansätze sind identisch. Da auch stefriegel bestätigt, dass sich die Vorspannung herauskürzt, gehe ich davon aus, dass wir richtig liegen. Kommen wir zu den realen Messungen, gibt es davon Bilder, Zahlenwerte, Protokolle?   ─   pstan 10.10.2023 um 19:44

Hallo zusammen, ich werde mal konkreter.
Das Modell ist, wie bereits erwähnt, ein Ersatzmodell. Ich will aber hier nicht weiter auf das eigentliche Produkt eingehen. Die Feder ist in der Realität ein Zahnriemen. Der Zahnriemen hat aber eine saubere Linearität, die ich selbst schon vielfach gemessen bzw. bestimmt habe. Also gelten hier die Federgesetze. Der Zahnriemen ist weit weg von der plastischen Verformung, so dass hier kein verfälschender Einfluss kommen kann. Die Gesamtlänge des Zahnriemens kann sich zwischen ca. 5m und ca. 60m bewegen. Da spielt aber eigentlich keine Rolle.
Konkrete Messung:
L=11780mm
C=497N/mm bei dieser Länge
lu=420mm / 3700mm / 5700mm; siehe unten
m=550kg
Es ergeben sich:
Bei lu=420mm rechnerisch s(lu=420mm)=0,37mm. Gemessen wurden 3,5mm.
Bei lu=3700mm rechnerisch s(lu=3700mm)=2,33mm. Gemessen wurden 4,8mm
Bei lu=5700mm rechnerisch s(lu=5700mm)=2,71mm. Gemessen wurden 5,0mm.

Ich liege also zwischen den Faktoren 9,5 und 1,8 daneben. Der Faktor 5 von oben war ein mittlerer Wert zum Verständnis. Klar ist, dass die rechnerischen Werte bezüglich der Messungen zu klein sein müssen, weil Wellendurchbiegungen etc. dazukommen. Aber nicht in dieser Größenordnung.

juot
  ─   userf9eb98 12.10.2023 um 11:02
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für den Fall, dass die Feder auf Zug und Druck belastet werden kann, gilt:
\(s=\frac{m \cdot g}{c} \cdot(\frac{1}{x}-\frac{1}{x²})\)
Abhängig von den Eingangsparametern, kann die untere Feder auch auf Druck belastet werden. Für L=11780 mm und mit der Annahme, dass hier schon eine Dehnung von 5 mm enthalten ist, sowie lu=420 mm, ergibt sich eine Druckbelastung der unteren Feder von 2718 N. Ein Zahnriemen kann aber keine Druckbelastung aufnehmen. Deswegen ergibt sich ein Dehnung, die hauptsächlich der oberen Feder zuzuordnen ist.
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Hallo pstan, Danke für Deine Antwort.
Der Zahnriemen ist mit ca. der doppelten Kraft, der dann später zugeladenen Gewichtskraft, vorgespannt. Das ist Standard in diesem Bereich. Somit kann die untere Feder keinen Nulldurchgang haben, und auch keine Druckkraft aufnehmen, was beim Zahnriemen sowieso nicht ginge, wie Du schon geschrieben hast. Um die Möglichkeit der Druckbelastung oder des Nulldurchgangs auszuschließen, gab ich in der Ausgangsfrage Fsp>Fg an. Das entspricht auch der Realität.
juot
  ─   userf9eb98 17.10.2023 um 07:32

Wichtig ist noch zu bemerken, dass die Höhe der Vorspannkraft erheblich in das Maß des Absackens eingeht. Eine höhere Vorspannkraft bringt ein geringeres Absacken mit sich. In der Realität kürzt sich folglich die Vorspannkraft nicht raus.
juot
  ─   userf9eb98 19.10.2023 um 10:37

ich könnte mir vorstellen, dass die Spannung im Riemen unterhalb des Gewichtes so klein wird, dass Nichtlinearitäten autreten. Andere Effekte kann ich bei der gegebenen Faktenlage nicht beurteilen.   ─   pstan 20.10.2023 um 17:31

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Guten Morgen Community, nach langer Zeit des Nachdenkens und vielen Versuchen, möchte ich hier die Lösung des Problems präsentieren.
Bei größeren Anlagen ist es nicht immer ganz einfach die physikalischen Grundgesetze zu erkennen und anzuwenden.
Es ist tatsächlich so, wie von pstan vermutet, aber doch nicht so einfach zu durchschauen. Der Zahnriemen längt sich plastisch im Betrieb. Ab einer gewissen plastischen Längung wird die Vorspannung so klein, dass der Zahnriemen unterhalb der Krafteinleitung einen Nulldurchgang durchmacht. Somit entfällt die Parallelschaltung. Die Gesamtfederrate ist dann gleich der Federrate oberhalb der Krafteinleitung. Das ist jedoch dann nur noch ein Bruchteil der vorherigen Federrate.
Bei meinem Testgerät mit einer Höhe von 6650mm ändert sich die Gesamtfederrate von Cges=14454N/mm zu 525N/mm, also Faktor 27,5. Entsprechend wird das Absacken rechnerisch von 0,41mm zu 11,2mm. Die Verhältnisse sind in Wirklichkeit viel "krasser" als im Ersatzmodell dargestellt.
In der Realität verschmiert der Übergang jedoch, so dass der Nulldurchgang nicht plötzlich da ist. Außerdem spucken die Elastizitäten der beteiligten Maschinenelemente in die Messung. Die 0,41mm waren dann in der Realität 3,5mm.
Die Vorspannung spielt also wirklich keine Rolle, und kürzt sich heraus, solange genug davon da ist. Ist die Vorspannung jedoch zu gering ändern sich Gesetzmäßigkeiten. Das zu erkennen war das eigentliche Problem.
Vielen Dank an alle Mitwirkenden.
juot
  ─   userf9eb98 12.12.2023 um 08:02

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